Präsentationen unserer Partner

Samstag

Makrele geht aus - 1.Ausgabe


Mit Vodka durch die Nacht
von Illya

Und dann hab ich mich mit Julia verabredet um mich mit ihr für den ersten Nachtbericht für die Makrele durch die Bars zu kämpfen.
An dieser Stelle würden wir gerne eure Beschreibung abdrucken, was ihr mit oder ohne eure Freunde auf dem Kiez so erlebt und wie ihr normalerweise die Nächte auf der Reeperbahn verbringt. Ich persönlich gehe ja eigentlich gerne tanzen, mich verausgaben, mich verströmen und verbrauchen. Darum sind ja die nächsten Tage auch immer noch den Erfahrungen untergeordnet, sei es der angeschlagene Fuß, sei es der schwere Kopf oder die strauchelnde Lunge. Diese Nacht aber nicht, auch wenn Julia schon beim Start leicht angeschlagen ist weil sie den ganzen Tag gearbeitet hatte und sich schließlich schon ein paar Beruhigungs-Biere medikamentös verabreichte. Hat wohl auch ein bisschen geholfen. Aber tanzen wollen wir ja heute auch nicht. Also auf zum Sudhaus bei der Essotanke, über das ich mir schon im Vorfeld Geschichten über frühmorgendlichen Bewußtseinsschwund anhören mußte. Der Barmann erfüllt auch wie auf Stichwort mit Freude sowohl Getränk- als auch Erwartungswünsche. Mathematik geht schon nicht mehr so gut und der Mann neben mir möchte sich eigentlich gerne in jedes Thema einhaken, gibt mir aber irgendwie das Gefühl das mit ihm in der Kindheit nicht genug gekuschelt wurde. Irgendwie alles sehr sympathisch. Aber ich bin auch ein bißchen verlegen und muß darum ein wenig lauter sprechen. Und der erste Vodka auf Eis („bitte Vodka mit einem Stück Eis“) schmeckt genau wie der erste Vodka immer schmeckt wenn man keine Wahl hat. Muß trotzdem lachen als der Wirt einen Gast der nach einem Stuhl fragt vor der hakenden Rolltreppe warnt und dabei auf die alte Holztreppe zeigt. Dann aber weiter, zum nächsten Glas, ins nächste Lokal. In ein lustiges Pläuschchen vertieft gleiten wir an der Davidwache vorbei, die sich träge auf spätere halbstarke Aufregungen einstellt, hinauf zur Pils-Börse. Seit wann ist da eigentlich kein McDonalds mehr gegenüber und was sind das für komische Bezeichnungen die die sich da jetzt aufs Schild tätowiert haben? Und immer wieder fällt mir auf wie hübsch die Mädchen ihre Choreografie betreiben, und wie einmalig die Stretchhosen ihre Haut überziehen als wären ihre Beine in Milch getaucht. (Zu diesem Beruf gehört eine Aufmerksamkeit für den normalen Straßenverkehr die ich bei so manch anderem vermisse, vielleicht wäre das noch ein Stadtziel: Prostituierte als Lehrerinnen für die Verkehrserziehung. Und vielleicht bekommen sie dann auch die gleichen Stripper-Uniformen geliehen auf die unsere Polizei verständlicherweise so stolz ist.) In der Pils Börse war ich wirklich noch nie. Hier kann man gut beobachten wie die Menschen sich auf die spätere Orientierungslosigkeit einstimmen und dem Ernst ein feixendes Gesicht ziehen. Halbstarkes Gehabe inbegriffen und das sogar von Frauen. Ich trinke nochmal Vodka. Gefragt
werd ich allerdings wieder nicht. Julia ist von den Toiletten total überrascht, riesengroß und hell und sauber. Ich frag mich assoziativ ob da auch Fahrstuhlmusik läuft und ein Livrierter einem die Schultern abbürstet. Irgendwann geht die ältere der beiden Barfrauen zur Musikbox und drückt ein halbes Kilo Lieder. Ob sie die Nummern auswendig kennt oder drückt sie da nur willenlos drauf rum? Als sie hinter der Bar verschwindet brechen wir auf zu neuen Ufern, wir haben ja noch ein bißchen was vor. Ich will in den Komet und Julia lässt sich mit zerren. Dort stehen ganz viele Menschen mit Bieren vor der Tür und mir fällt erst jetzt auf das es ja eigentlich ganz schön warm ist aber viel zu spät um die Lederjacke auszuziehen. Hier braucht der Vodka etwas länger aber ist lecker und wird mir von der lieben Roten gebracht. Und hinten sehe ich ein Mädchen entrückt zur alten Soulmusik tanzen und der Besitzer singt beinahe jedes Lied mit und ich freu mich. Nette Bumsbude. Immer wieder. Und dann zieht mich Julia weiter bevor wir kleben bleiben und wir huschen an der Herbertstrasse vorbei weil ich unbedingt mal die Hasenschaukel kennenlernen will. Und dort dann: Niedlich. Alles. Inklusive Gäste und aufmerksamer Barfrau. Lustige Mischung aus American Diner und klassischer europäischer Wohnzimmergestaltung. Der Plattenaufleger legt wie Zuhause auf, bevor man losgeht und Lieder am Stück gehauen bekommt. Ich schmeiß mich mit meinem neuen Vodka neben Julia aufs Sofa und langsam dämmert mir das alle Läden auf dem Kiez den gleichen Elektriker haben, der das Licht immer auf die Intimitäten versprechende Stufe einstellt. Hier ist es gemütlich und wir verstricken uns in Gespräche über zukünftiges und vergangenes. Bis wir Hunger bekommen. Freundlich werden wir verabschiedet und begeben uns zum dänischen Hotdog-Laden auf der Reeperbahn. Ich glaub der Mann arbeitet schon seit einer Million Jahre dort. Auf jeden Fall weiß er wie man vorlaute Halbstarke zurechtstutzt. Das erfordert Übung. Und der Hotdog ist lecker und immer einer zu wenig oder einer zu viel, nix dazwischen, noch nie. Also zurück, die Nacht beenden und dem Schlaf seinen Raum zugestehen, den Traum den Rest verrichten lassen. Tschüss Julia und schlaf gut und bis dann. Und ach ja: malt die Welt bunt an, egal wie. Gar nicht soviele Zombies unterwegs wenn man früh genug Schluss macht.

Keine Kommentare: