Der Maler Michael Gallas war zu Gast in der Galerie Piet Körner
von Sonja
Zur Zeit gibt es Tage, da wird es schon um 14 Uhr wieder dunkel, obwohl es um 12 Uhr erst ein bißchen heller geworden war. An eben so einem Tag freute ich mich schon auf den dunkelgrauen Abend eines mittelgrauen Tages. Die Herbst- und Wintermonate sind die klassische Zeit für abendliche Vergnügungen wie
Opern-, Theater- oder Musicalbesuche. Wenn man aber einfach nicht die Geduld oder Zeit für so was aufbringt, kann die beste Alternative der Welt gewählt werden: eine Vernissage.
Auf Vernissagen, was immer Ausstellungseröffnungen für Werke noch lebender Künstler meint, muß man auch weder auf Alkohol noch auf Zigaretten verzichten – auch ein Anreiz. Und gerade an den graudunklen Tagen des Jahres hat das ausgeleuchtete Ambiente einer Ausstellungseröffnung mit farbenfrohen Gemälden und sich unterhaltenden Menschen mit einem Glas Sekt in der Hand etwas besonders Attraktives.
So war es auch an dem Abend, an dem ich aus dem Büro kam und mich mit dem Fahrrad durch die Kälte auf den Weg in die Clemens- Schulz-Straße machte. Sobald die Galerie in mein Blickfeld kam, wechselte die Vorfreude auf diesen Abend in ein angenehmes Gefühl von Neugier.
Leider war der Künstler schon nicht mehr da, aber der Galerist Herr Körner, was mich in den Genuß einer kleinen Führung brachte. Die Bilder von Michael Gallas sind allesamt sehr farbig, die meisten mit sehr positiver Ausstrahlung und ansprechend. Hinter einfachen Motiven verbirgt sich aber weit mehr und mitunter sehr Politisches.
So zum Beispiel hinter Riesenbananen auf Karo-Tischdeckengrund: Eine Anspielung auf eines der Wendesymbole schlechthin. Die Bananen gruppiert der Maler immer wieder stellvertretend für Menschengruppen oder vergrößert sie als „Phallus-Symbole der Grenzöffnung“. Michael Gallas sieht seine Bananenbilder von Assoziationen aufgeladen, die er selbst so schildert: „G
renzöffnung 1989. Trabants und Wartburgs morgens um 7:00 Uhr. Thermos-Kannen-Kaffee und warten“. Diese Aufbruchs- und Erwartungsstimmung sieht er immer durch das Verhalten westdeutscher Wendetouristen gebrochen, denen die niedrigen DDR-Preise der größte Reiseanreiz waren. Das Fazit des Künstlers zu all diesen Überlegungen lautet dann letztendlich aber schlicht doch: Alles Banane!
Ebenso harmlos kommt eine kritische Arbeit Gallas' zum amerikanischen Kapitalismus daher: Bunte, harmlos aussehende Vögel vor einem blauen Himmel, das Bild trägt den Titel: Papageien. Der beschreibende Text aber gibt es preis: „Die Geier vor der New Yorker Börse – Scheinheilige vor blauem Himmel“.
Der Maler - selbst Sohn eines Malers - greift in seinen Bildern Themen wie Umweltzerstörung oder das Leben spanischer Gastarbeiter in seinem Heimatort im Harz der 60er Jahre auf, weil sie ihn persönlich betroffen machen oder berühren. Als Symbol für den Gastarbeiter hat Gallas den Stier gewählt, der für ihn für schwer arbeitende Verlierer steht und somit für Kraft und Traurigkeit.Michael Gallas hat eine ganze Reihe Stiere gemalt und er wünscht sie sich zu Dutzenden in den deutschen Wohnzimmern. Das ruft für mich gleich die Vorstellung der Verdrängung
des oft zitierten röhrenden Hirschen durch den auf ganz andere Weise gedanklich aufgeladenen Stier wach.
des oft zitierten röhrenden Hirschen durch den auf ganz andere Weise gedanklich aufgeladenen Stier wach.
So wie die Ausstellungseröffnung ein angenehmer Lichtblick an einem grauen Tag war, sieht auch Piet Körner seine Galerie in St. Pauli als Gegengewicht zu den unschönen Seiten des Kiez, die mit Alkohol und Gewalt zu tun haben. Sie ist auf jeden Fall eine Bereicherung und ich bin gespannt auf die nächste Ausstellung.
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