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Freitag

Ilona guckt - 4. Ausgabe

Pornographie

von Ilona Kira

... boom chakka wow wow ... denke ich und rase ins Deutsche Schauspielhaus. Das Plakat mit dem halbnackten Sixpack und der symbolisch explodierenden und überschäumenden Flasche versprach sein Übriges.

Auf der Suche nach Kultur; denn auch das gehört zu unserem Magazin, denke ich: Pornographie ist doch wohl auch mit auf St. Pauli erfunden worden. Denke ich an Pornografie, denke ich an Fischmarkt und den Straßenstrich, denke ich an die Damen des horizontalen Gewerbes mit schönen Korsagen, hohen Schuhen und Pelzmänteln am Strassenrand, an eine glitzernde, geheimnisvolle Welt ...

Nun ja ...anderes Thema ... diesem widme ich vielleicht mal demnächst ...
Eventuell also doch noch irgendein Bezug?

Wohl eher nicht, wie ich merke. Es geht also nicht um Sex oder Milieu, sondern um das, was man Pornografie im Alltag nennen könnte. Der Terror in London, der Terror des Ehealltags, der Terror der Drogen, der Terror der Aussichtslosigkeit ...

Kurz:
eine Abfolge von Schlagzeilen, welche ich zuvor schon bis zur Genüge in sämtlichen einschlägigen Nachrichtensendungen ansehen durfte.

Wie einfach!
Also, wenn das Autorenqualität ist, und zudem auch noch "hochgelobt" wird, dann sollte ich vielleicht einmal anfangen, die Nachrichten auf DVD zu speichern und deren Ergebnis den einschlägigen Verlagen als neues Theaterstück anbieten.

Pornografie im Deutschen Schauspielhaus:
... wieder so ein Erguß von negativen Schlagzeilen mit Gewalt und Agressionspotenzial ohne Lösungsansatz.

Was will das Theater mir also sagen?
Daß Gewalt in der Ehe, Lug und Betrug, Respektlosigkeit (Danke Julia für den Hinweis in der letzten Ausgabe), Exzesse und politischer Terror jedweder Couleur legitim ist soweit keine Konsequenzen aufgezeigt oder durchgeführt werden? Und was für eine Macht steckt in diesem Verhalten, das durch diese Inszenierung lediglich dargestellt wird?

Das Resultat:
Ein Teil des Publikums geht genervt aus dem Saal, um das Gesehene schnellstmöglich zu verdrängen, ein Teil verlässt es mit erheblicher Irritation, ein Teil ist in der Lage die inverse Intention herbeizuführen und damit den eigenen Lernprozess einzuleiten ... und dann ist da noch der Teil, der die Macht hinter dem Terror versteht und in der Lage ist, ihn zu nutzen ... im Alltag, im Ehealltag, im Arbeitsalltag, im politischen Alltag ... Gefährliches Theater!


Wo ist die Verantwortung des Theaters, des Autoren oder des Schauspielers?

Das schauspielerische Potenzial - ebenso eine bunte Mischung von Haribo.


Texte werden runtergesprochen und nicht gelebt (Nachrichten eben!), die Wandlung betrifft lediglich die Puzzelteile des Bühnenbildes und die Beleuchtung dient der Selbstverherrlichung.
Mit wenigen Ausnahmen und die fielen richtig auf!


Das Bühnenbild des Turmes zu Babylon war wie das Stück - ein einstürzender Neubau!
Liebe Schauspieler, Ihr leistet Großartiges, indes ihr Eurer Regie bis zur Ergebnislosigkeit folgt ohne kritisch oder besser - gesellschaftskritisch - zu sein.


Das Opfertum war schon immer ein guter Grundstoff für große Dramen!


Liebes Theater, hast Du nun schon Schlagzeilen wie die einer großen Deutschen Zeitung mit vier Buchstaben nötig, um das Publikum zu locken und es erst nach dem Durchlesen des Programmheftes auf des Pudels Kern oder bei Besuch in die Inhaltslosigkeit zu führen?

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