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MAKRELE hakt historisch nach - 2. Ausgabe

Ein Hotel, eine katholische Kirche an der Großen Freiheit und die Geschichte von St. Pauli

Ein Hotel mit dem Namen „St.Joseph Hotel“ in der Großen Freiheit, erregte vor knapp zwei Jahren die katholische Kirche in Hamburg, besonders die Gemeinde der Kirche St.Joseph. Wo? In der Großen Freiheit! Das Hotel wurde aufgefordert, die Führung des Namens „St.Joseph“ zu unterlassen.

Waren Namensrechte der Kirche verletzt worden, wurde der Ruf der Gemeinde beschädigt?

Nun, der Erzbischof sprach ein Machtwort. Seitdem führt das Hotel seinen nach der Kirche benannten Betrieb unbehelligt. Offensichtlich war man sich doch nicht so sicher, ob etwaige Namensrechte existieren.

Hier lohnt sich zudem ein Blick in die Geschichte – besonders in die st.paulianische und - last not least - in die der Großen Freiheit.

Kirchen als Ortsbezeichnung

Die Kirchengemeinden, Kirchspiele und damit die Kirchen haben in der Historie stets ihre Umgebung „namentlich“ geprägt. Historisch dienten Zusätze wie z.B. „St.Annen“ der Ortsbeschreibung. Es war üblich, ein Gewerbe mit derartigen Zusätzen auszustatten um zu zeigen, daß sich dieser Betrieb, dieses Haus, diese Straße in einem bestimmten Kirchspiel befindet. Beispiele: „Hotel St. Annen“ in der Annenstraße, St. Michaelis Schusterei, St. Raphael Hotel, St. Georg Hotel, St. Pauli Hotel, FC St. Pauli, St. Pauli Theater und schließlich der Stadtteil St. Pauli selbst.

Die „Große Freiheit“ hat ihren Namen bereits Anfang des 17. Jhdts. erhalten, genau genommen im Jahre 1610. Sie bezog sich auf die alte Grenze von der Hamburger Vorstadt „Hamburger Berg“ zur Stadt Altona.

Warum Große Freiheit?

Diese Nachbarstadt gewährte im Gegensatz zu Hamburg den dort lebenden Menschen, den unzünftigen Handwerkern und Glaubensgemeinschaften, eine Vielzahl bürgerlicher Freiheiten, z.B. die Berufsfreiheit und die Religionsfreiheit. Außerdem konnten Juden in Altona bedeutend leichter die Bürgerrechte erwerben. Daraus machte der Volksmund „Große Freiheit“ (In der Schweiz erhielten die Juden z.B. das Recht zur freien Wahl des Wohnortes erst Mitte des 19. Jhdts.).

Zu Hamburg gehört die „Große Freiheit“ erst seit Dezember 1938, als die Nationalsozialisten mit ihrer Groß-Hamburg-Lösung u.a. die Stadtteilgrenzen analog zu den Grenzen der NSDAP-Parteibezirke veränderten.

Der Name „St. Pauli“ entstand erst, als der Vorort das Recht erhielt, eine eigene Kirche zu bauen. Diese erhielt den Namen „St.Pauli“ und war von Anfang an protestantisch!

Am 27. März 1682 wurde der Grundstein für eine eigene Kirche gelegt. Schon 21 Wochen später stand das Gebäude. Nach etlichen Zerstörungen und Neuanfängen wurde 1819/20 die Kirche erneut aufgebaut. Das Gotteshaus wurde dem Heiligen Paulus geweiht.

1830 brodelte es in ganz Europa. So begehrten auch die Bewohner der Vorstadt St. Georg auf und forderten eine Erweiterung ihrer Rechte. Auch die Vorstadt Hamburger Berg profitierte davon; denn die Hamburger Bürgerschaft verabschiedete eine neue Ordnung, durch die die erbeingesessenen Bewohner von St. Georg und „St. Pauli“ zur Bürgerschaft zu-gelassen wurden.
Die Geburtsstunde von St.Pauli

Wirtschaftlich wurde die Vorstadt zwar von den Hamburgern weiter lieblos behandelt. Auch der Wunsch der Wirtsleute nach Aufhebung der Torsperre blieb ungehört. Aber 1833 erhielt die Vorstadt ihren eigenen Namen durch die Verfügung, daß

“die Vorstadt, bisher Hamburger Berg benannt, von nun an nach der dortigen Kirche St. Pauli zu benennen ist“.

Also dürften wohl z w e i Kirchen den heutigen Stadtteil St. Pauli geprägt haben: „St. Pauli“ und natürlich „St. Michaelis“.

Die stets mittelständisch geprägte Vorstadt mit ihren Handwerkern (Reeperbahn) erhielt jedoch nach und nach ein zusätzliches Gepräge durch Vergnügungsunternehmen.

Hamburg lagerte den Rauch der Dampfschiffe aus - in die Vorstadt

Es begann in etwa mit dem Beginn der Dampfschiffahrt. Die Hamburger wollten nämlich den mit diesen Schiffen verbunden Rauch nicht in ihrer Stadt haben und bauten in der Vorstadt die nach dieser benannten St. Pauli-Landungsbrücken. Nach heutigem Sprachgebrauch lagerten sie das Problem aus.

Die Gemeinde St. Joseph übrigens dürfte, nachdem Hamburg sich dem Protestantismus zugewandt hatte, den Erhalt ihrer Kirche dem Umstand verdanken, daß diese an der „Großen Freiheit“ lag, also historisch nicht in der Hamburger Vorstadt Hamburger Berg, später St. Pauli, sondern daß sie zu Altona gehörte. Die Grenze lag beim Nobistor. Das macht sich z.B. heute noch an der Postleitzahl bemerkbar: 22767 für Altona und nicht 20359 für St. Pauli.

Andernfalls hätte ihre Kirche (umgebaut 1721) möglicherweise das Schicksal des Hamburger Doms teilen müssen, der im Zusammenhang mit dem Reichsdeputationshauptschluß geschleift worden ist.

Schön, daß sich St.Joseph besonnen und offensichtlich historisch erkundigt hat.

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